Christina Landstorfer ist Stationsleiterin der 14a des medbo Zentrums für Neurologische Rehabilitation. Sie und ihr Team behandeln schwerkranke Patienten nach Schlaganfällen, Schädel-Hirn-Verletzungen oder Schäden des Nervensystems. Und: Sie bilden Pflegeexperten von morgen aus. Dafür hat Landstorfer mit ihren Kollegen ein innovatives Konzept eingeführt, bei dem Schüler der dreijährigen generalistischen Pflegeausbildung nicht nur in die Patientenversorgung mit einbezogen werden. Sie können auch selbstständig einen eigenen Bereich übernehmen. „In einer hochspezialisierten Abteilung mit schwerstbetroffenen neurologischen Patienten ist das keine Kleinigkeit“, betont die Stationsleitung. Ziel dieser Praxis ist es, „das Selbstbewusstsein unserer Azubis zu stärken und sie gleichzeitig besser auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten.“
Mut und Selbstvertrauen
Jährlich durchlaufen etwa 50 Pflege-Azubis die Station 14a. Die Einführung dieses Konzeptes ist eine Reaktion auf eine bestimmte Beobachtung: Viele Azubis können sich oft nur schwer in die Arbeitsabläufe der Station einfinden. „Pflegen ist aber eine mutige Aufgabe“, sagt Landstorfer. „Wir wollen, dass sich unsere Schüler so früh wie möglich etwas zutrauen. Da geht es um den Erwerb von fachlichen Skills, genauso wie um die Entwicklung von Intuition und Selbstvertrauen. Nur so kann man ein realistisches Gefühl für die Anforderungen der Pflege entwickeln.“ Das Vertrauen der Profis soll Sicherheit vermitteln, die berufliche Entwicklung fördern und natürlich die Freude am Beruf stärken. Und das ist auch passiert. Christina Landstorfer: „Unsere Azubis sind mit Feuereifer dabei und stehen ihre Frau oder ihren Mann am Patientenbett – auch wenn es anfangs zitternde Knie gab.“
Fordern statt überfordern
Und so funktioniert’s: Die Schüler werden zu Beginn ihres Einsatzes in Teams aufgeteilt und für mindestens 14 Tage von einer erfahrenen Pflegekraft, die eine Zusatzqualifikation zum praktischen Ausbilder (Praxisanleiter) absolviert hat, begleitet. Im Laufe ihres Einsatzes werden ihnen dann je nach Wissensstand, Ausbildungsjahr und persönlicher Reife eigene Patienten zugeteilt. „Die Sicherheit geht dabei immer vor. Sowohl für Patienten als auch für die Auszubildenden“, erklärt die 34-jährige Stationsleiterin. Deshalb achten Landstorfer und ihr Team immer auf den Allgemeinzustand der Patienten und auf den Wissensstand des einzelnen Schülers. „Wir wollen unsere Azubis fordern, nicht überfordern“, erklärt sie.
Sobald sich das erfahrene Team einig ist und auch die Angehörigen der Patienten einverstanden sind, übernehmen die eingesetzten Azubis selbstständig den gesamten Schichtablauf, genau wie eine examinierte Pflegekraft es tun würde. Das heißt: Grund- und Behandlungspflege durchführen, Medikamente verabreichen, an Visiten teilnehmen oder Therapiepläne gestalten. Außerdem übernehmen sie die Kommunikation mit den Angehörigen und anderen Kollegen des interdisziplinären Teams. „Ein Praxisanleiter ist jedoch immer in greifbarer Nähe, um bei Fragen oder Unsicherheiten unterstützen zu können“, betont Christina Landstorfer. Zusätzlich gibt es regelmäßige Anleitungs- und Feedbackrunden, bei denen Arbeitsabläufe besprochen und Fragen gestellt werden können.
Luca traut sich
Luca Kapitza hat gerade sein Examen an den medbo Pflegeschulen gemacht. Als Pflegeazubi war er selbst insgesamt mehr als zwölf Wochen auf der Station 14a eingesetzt. Jetzt arbeitet er dort als examinierter Pflegefachmann. Er hat sich bewusst für die 14a beworben, denn er ist begeistert von dem Konzept und den Teamspirit. „Alle halten hier zusammen. Jeder unterstützt jeden und die Station ist so unglaublich vielfältig“, so Kapitza. Er erinnert sich: Die Übernahme eines eigenen Schülerbereiches war für ihn bei seinem allerersten Einsatz eine echte Herausforderung. „Ich musste mich morgens erstmal sortieren, einen Plan machen, womit ich anfange.“ Für ihn war es ein deutlicher Unterschied, den Tagesablauf selbst zu erarbeiten und nicht im „Windschatten“ eines Pflegeprofis mit zu laufen. „Da merkst du erst, was sich der andere den ganzen Tag merken muss“, lacht der 23-Jährige. Doch nach ein paar Diensten fühlte er sich sicher. Denn das Credo des Stationsteams der 14a lautet: „Man kann nie alles wissen!“ Egal, ob noch mitten in der Ausbildung, frisch nach dem Examen oder mit 30 Jahren Berufserfahrung im Rücken und fest im Job: Es gibt immer Kollegen, die Fragen stellen. Deshalb habe sich Kapitza auch ermutigt gefühlt, Fragen zu stellen. Durch den Rückhalt im Team und die eigenständige Arbeit ist er schnell mit seinen Aufgaben gewachsen. Auch auf das Examen hat er sich besser vorbereitet gefühlt, „denn nach dem Prinzip Learning-by-doing gehen einem die Aufgaben schon als Azubi in Fleisch und Blut über – die praktische Prüfung war da halb so wild“, so Luca Kapitza.
Hohe Akzeptanz im Team trotz anfänglicher Herausforderung
Die Akzeptanz dieses Konzeptes ist sowohl im Team als auch bei der ärztlichen und pflegerischen Leitung sehr hoch. Gleichzeitig war es anfänglich auch eine Herausforderung für das Fachpersonal der 14a, die Verantwortung an die Azubis abzugeben. Aber Christina Landstorfer ist sich sicher, dass die jungen Menschen eigene Erfahrungen sammeln müssen, um mit einem starken Selbstbewusstsein ihren künftigen Aufgaben begegnen zu können. „Die Schüler sind unsere Kolleginnen und Kollegen von morgen, sie haben es verdient, auch als solche behandelt zu werden.“, so Landstorfer. Sie und ihr Team sind sich sicher: „Unsere Azubis packen das!“