Angehörige sind wichtige Partner im Genesungsprozess: für den psychisch kranken Menschen, aber auch für das Behandlungsteam. Gleichzeitig belastet die psychische Erkrankung eines Familienmitglieds meist die ganze Familie.
„Ein psychisch erkrankter Partner, ein Kind mit Depressionen oder die Eltern, die immer mehr vergessen: Das macht allen Familienmitgliedern oft große Sorgen und Angst“, sagt Dr. Julia Prasser, Chefärztin des medbo Zentrums für Psychiatrie Cham. Hinzu komme die Mehrfachbelastung ganz spezifischer Art: die Pflege und Betreuung der erkrankten Menschen einerseits, aber auch die „Schulter“, die im Familienalltag wegfällt.
Angehörige brauchen ganz eigene Hilfestellung und Unterstützung, wenn in der Familie ein psychisch krankes Mitglied lebt und auf dem Genesungsweg betreut werden muss. „In der Klinik sind wir auch für die Angehörigen da“, erklärt Sonja Ullmann, Stationsleiterin am Zentrum. Sie und ihr Pflegeteam betreuen einen großen Teil der Angehörigenarbeit vor Ort. „Wir erklären psychiatrische Diagnosen, wir zeigen, wie therapeutische Verfahren funktionieren.“ Vor allem hat das Team auch ein Auge auf die seelische Belastung der Angehörigen: „Denn sehr viele vergessen über die Sorge um den geliebten Menschen sich selbst. Nicht wenige laufen auf einen Burnout oder noch schlimmeres zu“, so Ullmann.
Austausch mit erfahrenen Angehörigen
„Leider sind über die Pandemie-Zeit die Besuche der Familien am Krankenbett bei uns im Haus drastisch zurückgegangen. Die Zahlen haben sich auch im letzten Jahr nicht wieder erholt. So können Angehörige weder uns, aber auch keinem anderen Angehörigen begegnen“, schildert Dr. Cordula Heyne, Leitende Oberärztin am Zentrum für Psychiatrie, die das Thema Angehörigenarbeit aus der medizinischen Sicht mitbetreut.
Eine wesentliche Unterstützung erfahren Angehörige aber gerade durch andere Angehörige. Nicht nur der Austausch von Tipps im Umgang mit einem erkrankten Familienmitglied und der Klinik, auch einfach das Zuhören und Verstehen tun vielen Menschen gut. „Das Krankenhaus ist der geeignete Ort, um andere Angehörige überhaupt kennenzulernen“, ergänzt Dr. Heyne.
Das Zentrum für Psychiatrie Cham setzt daher gemeinsam mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) des BRK-Kreisverbandes Cham eine Angehörigen-Gruppe in der Klinik auf. Die SpDi-Mitarbeiterin Christine Wagner erläutert: „Wir beraten seit jeher Angehörige bei uns im Haus am Klosterberg. Hier geht es in erster Linie um Einzelberatungen, für die eine Terminvereinbarung notwendig ist. Häufig begleiten wir Angehörige auch längerfristig.“ Ihre Kollegin Julia Preißer ergänzt: „Die Kooperation mit der medbo erweitert sozusagen auch das SpDi-Angebot, weil im Mittelpunkt des Konzeptes die Gruppe steht. Hier tauschen sich Angehörige mit anderen Angehörigen aus.“
Vorbeischauen, informieren, mitmachen
In der Gründungsveranstaltung der neuen Angehörigen-Gruppe können sich nicht nur Familienmitglieder akut stationärer Patient:innen des Zentrums, sondern auch ehemaliger Betroffener informieren und vernetzen. Selbst Menschen, die bei einem Angehörigen vielleicht eine psychische Erkrankung vermuten, sind willkommen. Die Organisatoren ermuntern alle Teilnehmer, auch Themenwünsche mitzubringen. Sonja Ullmann: „Die Angehörigen-Gruppe entscheidet, was gemacht wird.“
Einmal pro Monat (an einem Dienstag von 17:30 Uhr bis 19:00 Uhr) wird dann denjenigen, die möchten, eine regelmäßige Angehörigen-Gruppe am Zentrum angeboten: Mit Kaffee, Kuchen und fachlicher Begleitung, aber auch zum ungezwungenen Austausch.
GEMEINSAM, NICHT EINSAM!
Die neue Angehörigen-Gruppe am Zentrum für Psychiatrie Cham
Mehr Informationen unter www.medbo.de/veranstaltungen