Familie ist Verantwortung und Geborgenheit zugleich. Dass diese alte Weisheit immer noch gilt, beweist ein Blick in das medbo Bezirksklinikum in Regensburg: Das Wohn- und Betreuungsangebot Betreutes Wohnen in Familien (BWF) vermittelt Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen an Gastfamilien in der Oberpfalz. Und das seit mittlerweile 25 Jahren. Dieses Jubiläum wurde nun standesgemäß gefeiert – mit den 22 Gastfamilien und ihren aktuell 26 Bewohnerinnen und Bewohnern im Mittelpunkt. Auch Franz Löffler gratulierte: „Ein Silberjubiläum darf man schließlich nicht alle Tage feiern“, so der Bezirkstagspräsident der Oberpfalz.
Edelste Form der Inklusion
Das medbo-BWF unterstützt Erwachsene mit einer Intelligenzminderung oder psychischen Erkrankung wie Schizophrenie, Depressionen oder frühkindlichen Hirnschädigungen. Ziel ist es, diese Menschen wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Ein Leben außerhalb von Kliniken und Einrichtungen: „Die Bewohnerinnen und Bewohner finden durch das BWF ein Zuhause und gewinnen ein Stück Normalität, Familienleben und Familienzusammenhalt“, sagt Löffler. „Das nenne ich die edelste Form der Inklusion!“ Für ihn bringen die Gastfamilien etwas ganz Besonderes mit: Mut und Großherzigkeit, Offenheit und ein modernes, buntes Verständnis von Familie. Das habe nicht nur seinen Dank, sondern vor allem auch seinen großen Respekt verdient.
Eine Reise nach Ungarn
Auch dem BWF-Fachteam sprach Franz Löffler ein herzliches „Vergelts Gott“ aus. Für ihre liebevolle und professionelle Betreuung der Familien und Bewohner. Das geht oft auch über Alltagsfragen hinaus. 2023 fuhren Susanne und Rainer Freunek zum Beispiel zusammen mit fünf Bewohnern nach Ungarn. Gemeinsam bereisten sie das Land und lernten neue Orte und Sehenswürdigkeiten kennen. Wie die Stadt Hévíz mit ihrem Thermalsee und den Plattensee. Als Andenken überreichte das BWF-Fachteam der kleinen Reisegruppe einen liebevoll gestalteten Bildband mit Schnappschüssen ihrer Erlebnisse.
Familie vor Heim
Die Jubiläumsfeier stand im Zeichen des Miteinanders. Es ging um Austausch und Dank. Um Ausblick genauso wie um Rückblick. Auch Professor Helmfried Klein folgte der Einladung und reihte sich unter die Festgäste ein. Der ehemalige Ärztliche Direktor des Bezirksklinikums Regensburg ist einer der BWF-Gründungsväter, der 1999 das Projekt mit ins Leben rief. In seiner Festrede zeigte er die Entwicklung der psychiatrischen Familienpflege auf und betonte: 40 Prozent der psychisch Kranken leben auch heute noch in Heimeinrichtungen, wo sie doch in einer Familie viel besser betreut werden könnten.
Keine emotionale Vorbelastung
Denn die Bewohner leben zum Teil bis zu ihrem Lebensende ganz normal in den Gastfamilien mit. BWF-Teamleiter Stephan Schwarzmann betont: „Oftmals haben unsere Klientinnen und Klienten schlechte Erfahrungen in ihren leiblichen Familien gesammelt. In den Gastfamilien werden sie so akzeptiert, wie sie sind.“ Denn das Verhältnis sei emotional nicht vorbelastet – umso besser können die Emotionen der Klientinnen und Klienten aufgefangen werden. Die Gastfamilien geben Geborgenheit, Halt und Stabilität. Und auch die Familien selbst melden immer wieder zurück: Das Zusammenleben mit ihren Gästen sei auch für sie eine Bereicherung und aus den Gästen werden im Laufe der Zeit oft Familienmitglieder.
Ein starkes Team
Fünf Köpfe bilden aktuell die BWF-Projektgruppe: „Wir sind ein kleines, aber unglaublich effektives Team. Unser Fokus ist klar die Beziehungsarbeit nach modernsten, psychiatrischen Standards. Dementsprechend nehmen wir die Verantwortung für die Familien und die dazu passenden Klienten sehr ernst“, erklärt Schwarzmann. Seine Kollegen und er prüfen sorgfältig im Vier-Augen-Prinzip und wählen dann gemeinsam eine passende Konstellation aus. Durch Probewohnen, regelmäßige Tandem-Besuche und viel Beziehungsarbeit werde die Aufnahme des neuen Familienmitgliedes eng begleitet. Auch Finanzen und Formalitäten werden im Vorfeld geregelt. Alle Klientinnen und Klienten bringen zudem ein gewisses Maß an Stabilität mit. Durch die engmaschige Begleitung reduziert sich nicht nur die Zahl der Krankenhausaufenthalte, sondern auch die Zahl der Krisenfälle.
Mit einer außerordentlichen Portion Empathie bauen sie eine stabile, vertrauensvolle Beziehung auf. „Obendrein ist Flexibilität für uns das A und O. Mal sind wir Pädagogen, mal Möbelpacker, mal Mediatoren“, so Schwarzmann. Besonders wichtig sei es ihnen nun, das Angebot bekannter zu machen, obendrein weiter auszubauen und dabei einen hohen Qualitätsstandard zu sichern.
Familie gesucht
Das BWF-Team sucht stets neue Familien, Paare, Lebensgemeinschaften und Alleinstehende mit und ohne Kinder und ausreichendem Wohnraum, die als Gastfamilie Menschen mit Behinderung bei sich aufnehmen möchten. Die Gäste nehmen dadurch wieder am ganz normalen Leben teil, bekommen Halt, Stabilität und werden in die Gesellschaft integriert. Der Einsatz als Gastfamilie wird mit einem steuerfreien Entgelt für Wohnraum, Verpflegung und Betreuung in Höhe von circa 950 bis 1.400 Euro pro Monat vergütet.
Weitere Informationen unter medbo.de/bwf.