Die regionalen Arbeitsmärkte sind weiterhin leergefegt. Vor allem im Bereich der Pflege ist keine Entspannung in Sicht. Immer mehr Fachkräfte kommen daher aus dem Ausland in deutsche Heime und Kliniken. Viele davon mit fundierter Ausbildung und langjähriger Berufserfahrung. Trotz ihrer Qualifikationen gelten sie vielerorts jedoch als Lückenbüßer, wenn Bewerbungen aus dem Inland ausbleiben. Dabei ist das Potential enorm. Kollegen aus Drittstaaten können die Patientenversorgung nicht nur fachlich, sondern auch kulturell auf einmalige Weise bereichern. Wie Integration erfolgreich in der Praxis gelebt werden kann, wird derzeit in Regensburg erfolgreich vorgemacht. Bei den Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (medbo).
Ein Team – viele Nationen
Die Station 24c ist Teil des medbo Zentrums für Neurologische Rehabilitation. Dort werden beispielsweise Patienten nach Schlaganfällen, Schädel-Hirn-Verletzungen oder Schäden des Nervensystems behandelt. 33 Pflegekräfte halten dort den Betrieb mit am Laufen. Die Teams sind nicht nur multiprofessionell, sondern auch multikulturell. Denn: Mittlerweile zählt das Pflegeteam insgesamt acht internationale Kolleginnen, die aus dem Ausland an das Bezirksklinikum Regensburg gekommen sind. „Anderweitig hätten wir unsere Stellen nicht mehr besetzen können“, meint Stationsleiter Christian Münz, „vor allem, da der regionale Arbeitsmarkt zwar nahezu leergefegt ist, wir aber dennoch großen Wert auf engagierte, qualifizierte Mitarbeitende legen, die Verantwortung übernehmen und sich sowohl persönlich als auch fachlich mit uns entwickeln wollen.“
Oft unterschätzt
Für Münz und seine Kollegin, die stellvertretende Stationsleitung Ute Schleicher, ist die Integration neuer Kollegen in ihr Team ein Herzensthema. Die Sprachbarriere seit hierbei besonders entscheidend: „Wenn es bei der Verständigung hapert, können auch hochqualifizierte Fachkräfte oft nur Hilfsarbeiten erledigen“, sagt Schleicher. „Das ist für beide Seiten unbefriedigend.“ Das Leitungsteam steht daher für eine professionelle und bedarfsgerechte Einarbeitung. „Integration ist bei uns mehr als schnellstmöglich einfache Arbeiten verrichten zu können. Die ausländischen Kolleginnen und Kollegen sollen vielmehr langfristig ein Teil des therapeutischen und pflegerischen Teams werden“, erklärt Ute Schleicher. Dabei heißt es: „Ständig im Austausch bleiben, gegenseitig Verständnis zeigen und Geduld miteinander haben“, ergänzt Christian Münz und betont zugleich: „Toleranz, Offenheit und Wertschätzung werden auf der Station großgeschrieben.“ Die neuen Ideen, Gedanken und Impulse, die die Kollegen aus Indien, den Philippinen oder anderen Ländern mitbringen, seien es allemal wert.
Mit- und voneinander lernen
Denn die Erfahrung hat den beiden Stationsleitungen gezeigt: Gerade die kulturelle Vielfalt kann ein Team besonders stärken. In mehreren Hinsichten. „Wir müssen uns zum Beispiel besonders bewusst zuhören. Anders würde es nicht funktionieren. Und dadurch sind wir als Team in den letzten Jahren auch organisch gewachsen“, resümiert Schleicher. Außerdem sind manche Nationalitäten gleich mehrmals im Team vertreten, sodass Neuzugänge von bereits eingearbeiteten Kollegen aus dem gleichen Herkunftsland lernen können. Zudem würden auch immer mehr internationale Patienten und Angehörige an die Klinik kommen. „Pflegekräfte an Board zu haben, die dann in der jeweiligen Muttersprache kommunizieren können, ist natürlich ein Glücksfall. Das schätzen unsere Patienten sehr“, betont Schleicher.
Erfahrungen von internationalen Pflegefachkräften
Doch bevor es soweit war, lag ein langer Weg vor den Fachkräften im Integrationsprozess. „In einem fremden Land anzukommen war für uns natürlich nicht leicht“, erzählt Maria Castillo. Die 37-jährige kam im Jahr 2021 zur medbo. „Aber der Zusammenhalt auf unserer Station ist stark.“ Ihre Kollegin Jennifer Touvilla ergänzt: „Wir unterstützen uns gegenseitig, wir lernen voneinander. Und wir respektieren uns. Wenn jemand während einer Teamsitzung vielleicht nicht alles versteht, dann hilft man einfach“, erklärt die 33-jährige. Die beiden Frauen haben schon in ihrer Heimat den Philippinen einige Jahre als Pflegekräfte gearbeitet und bringen neben einem Bachelorabschluss damit auch viel Berufserfahrung mit nach Regensburg.
Simiya John ist ebenfalls Teil des Stationsteams. Sie kam 2020 nach Deutschland und zur medbo. Zuvor arbeitete sie auf einer Intensivstation in einer Klinik in Indien und berichtet von spontanen Doppelschichten und kaum Pausen in dieser Zeit. „Ich freue mich besonders, dass ich jetzt geregelte Arbeitszeiten und faire Arbeitsbedingungen habe, verrät die 29-jährige.
Die drei Frauen genießen die Arbeitsatmosphäre voller gegenseitigem Respekt, Akzeptanz und Offenheit sichtlich. Auch wenn die Sprachbarriere und neue Arbeitsabläufe zu Beginn eine besondere Herausforderung darstellten. Sie sind sich einig: Es war eine gute Entscheidung, den langen Weg bis in die Oberpfalz anzutreten. „Das Wetter ist hier ist zwar kälter und im Herbst ist es oft nebelig. Aber fühl‘ ich mich trotzdem sehr wohl hier“, lacht Maria Castillo.
Anerkennung der Berufsabschlüsse
Um den Start in ein neues Leben so gut es geht zu erleichtern, wurden sie bereits ab Tag 1 engmaschig unterstützt. Beispielsweise bei der offiziellen Anerkennung der ausländischen Schul- und Berufsabschlüsse. Dieses Verfahren ist die Basis für ausländische Fachkräfte, um in Deutschland langfristig Fuß fassen zu können. Die einzelnen Verfahrensschritte werden durch Vorgaben der Bundesregierung festgelegt und können am Bezirksklinikum Regensburg vollständig durchlaufen werden.
Je nach Sprachniveau sind fachliche und sprachliche Prüfungen oder Lehrgänge vorgesehen - die neuen Mitarbeitenden werden zudem auf einer Station eingearbeitet, geprüft und bewertet. Wie lange die Anerkennung dauert ist abhängig vom sprachlichen Niveau, der fachlichen Qualifikation und der Dauer der Einarbeitung in das deutsche Pflegesystem. Nach erfolgreichem Anerkennungsverfahren dürfen die Pflegekräfte die Berufsbezeichnung Pflegefachmann oder Pflegefachfrau führen.
Bei der medbo erhalten sie zudem nicht nur einen unbefristeten Arbeitsvertrag, sondern auch darüber hinaus langfristig Unterstützung. Unter anderem durch das eigene Kompetenzzentrum für Sprache und Integration (KoSI). Ein eigens entwickeltes E-learning soll Mitarbeitenden aus allen Berufsgruppen, die sich im Integrationsprozess befinden, das Leben und Arbeiten in Deutschland vereinfachen. In leicht verständlichen Lektionen werden sowohl sprachliche als auch inhaltliche Informationen rund um die medbo, das Leben in Deutschland und in der Oberpfalz vermittelt. Ziel ist, die Mitarbeitenden im Ankommensprozess und bei der Verbesserung der deutschen Sprache so gut wie möglich zu unterstützen. Zudem bietet das KoSI auch individuelle Beratung und Unterstützung, zum Beispiel im Umgang mit Behörden oder beim Familiennachzug.
informiert und unterstützt neue Mitarbeitende, die neu in Deutschland und in der medbo sind.
Unterstützungs- und Beratungsangebot:
E-Learning-Konzept für neue Mitarbeitende im Integrationsprozess: Sowohl sprachliche als auch inhaltliche Informationen rund um die medbo, das Leben in Deutschland und in der Oberpfalz
Es gibt nicht nur Unterstützung für Mitarbeitende aus anderen Nationen, sondern auch Informationen, Tipps und Angebote damit die Arbeit in einem multikulturellen Team gelingt und Herausforderungen zu Chancen gemacht werden können.
Dieses Angebot umfasst:
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Die philippinischen Pflegekräfte Mark Buslon und Maria Castillo mit Stationsleitung Christian Münz (aus Lupburg) und Pflegekraft Mathew Aleena, die aus Indien zur medbo kam |
medbo KU / Kerstin Erbrich