Eigentlich ist mein medbo Tag mein medbo Leben, denn das Geschichtenerzählen ist mein Job. Heute in Form bewegter Bilder, denn ein Drehtag zu einer neuen Folge von „Kopfsache“, unserem TV-Gesundheitsmagazin, steht an. Inklusive Doppel-Jubiläum!
Ich hatte es mir schon ewig vorgenommen, einmal einen Drehtag zu beschreiben. Jetzt steht sie an, die Nummer 50 „Kopfsache“. Seit 2013 läuft unser Gesundheitsmagazin mit den regionalen TV-Sendern TV-aktuell (TVA) und Oberpfalz-TV (OTV) schon. Also feiern wir 2023 auch noch 10-Jähriges! Seither gibt es einmal im Monat einen Abend für die grauen Zellen rund um die grauen Zellen.
Das Thema der Sendung, die wir heute produzieren, lautet „Longcovid in der Kinder- und Jugendpsychiatrie“. Ein spannendes Thema mit großer Relevanz, da die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik & Psychotherapie (KJPP) am medbo Standort Regensburg hier eine entsprechende Ambulanz ins Leben gerufen hat. Aber die Vorbereitung des Drehtags beginnt schon viel, viel früher – fast ein halbes Jahr früher …
Also: Letztes Jahr wurde „Long-Covid bei Kindern und Jugendlichen“ als relevant identifiziert. Unsere Regensburger KJPP versorgt seit 2021/22 junge Betroffene ambulant und forscht gleichzeitig am Lehrstuhl. Da gibt es erste spannende Erkenntnisse und Informationen. Als Partner haben sich KJPP-Chefarzt Prof. Dr. Romuald Brunner und seine Stellvertreterin, Dr. Stephanie Kandsperger, die KUNO Kinderklinik St. Hedwig an die Seite geholt. Gemeinsam können sie die jungen Longcovid-Patienten ganzheitlich betrachten: körperlich und psychisch.
Gegen Jahresanfang habe ich mit der medbo Klinik Kontakt wegen eines Drehtermins aufgenommen. Turnusmäßig wird der Regensburger Sender TVA die Sendung produzieren. Und wenn eine Sendung zum Ausstrahlungstermin Ende des Monats fertig sein soll, muss sie spätestens eine Woche vorher „im Kasten“ sein. TVA bekommt zwei oder drei Terminvorschläge und sucht sich einen aus.
Wenn der Termin steht, muss ich viele Dinge vorbereiten. Zum Einen den Dreh selbst. In der medbo herrscht absolutes Aufnahmeverbot – und das ist gut so. Damit schützen wir die Persönlichkeitsrechte unserer Patient:innen und Bewohner:innen. Gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie kommt die Fürsorgepflicht der Klinik für die minderjährigen Kinder und Jugendlichen dazu.
Das heißt aber im Umkehrschluss: Foto-, Film- und Tonaufnahmen können auch genehmigt werden. Und: Ich darf das, denn mein Thema ist – siehe oben – umfassend abgestimmt. Ich informiere die Verwaltung, unser Infocenter und unsere Parkwächter, damit das Dreh-Team überhaupt auf das Gelände des Bezirksklinikums fahren und dort einige Stunden parken darf. Denn auch das ist im verkehrsberuhigten Großkrankenhaus Bezirksklinikum Regensburg keine Selbstverständlichkeit.
Als nächstes leite ich Briefing-Material an den ausführenden Redakteur. Bei TVA ist das Martin Lindner, mit dem ich schon seit vielen Jahren zusammenarbeite. Er kennt sich im Medizinbereich bestens aus, aber ein paar Zahlen-Daten-Fakten helfen ihm, ein kleines Drehbuch vorzubereiten. Dann vermittle ich den Kontakt zu unserer Expertin aus der KJPP, die in der Sendung auch ausführlich interviewt wird. Dr. Stephanie Kandsperger, auch Leiterin der medbo Longcovid-Ambulanz, und Martin Lindner stimmen sich persönlich telefonisch ab.
Nicht zu vergessen: Wir arbeiten beim Drehtermin Anfang Februar 2023 immer noch unter Corona-Bedingungen. Deshalb muss ich medbointern und mit der Klinikleitung abklären, welche hygienischen Maßnahmen beim Dreh einzuhalten sind. Entsprechend informiere ich das Drehteam und andere Beteiligte.
Normalerweise besteht eine fertige „Kopfsache“ zu etwa drei Viertel – sprich neun Minuten – aus einem Experteninterview. Hinzu kommen zwei bis drei Minuten „Einspieler“. Das sind kurze Sequenzen und Szenen. Man braucht sie, um zum Beispiel eine Aussage im Experten-Interview optisch zu unterfüttern. Oder man zeigt passende Alltagsszenen aus der Klinik, damit sich die Zuschauer einen Eindruck verschaffen können. Auch O-Töne (also Original-Aussagen im Wortlaut) von weiteren Protagonist:innen machen wir häufig. Die Einspieler sind sozusagen das dramaturgische „Salz in der Suppe“.
Für die Einspieler werden weitere Personen benötigt. Das können Fachkolleg:innen sein, aber auch Patienten, Eltern, externe Experten und Netzwerkpartner. Auch einfach Aufnahmen von der Klinik selbst kommen infrage. Das kommt immer auf das Thema an. Im Fall „Longcovid-Ambulanz“ haben sich die KJPP-Psychologin Julia Hauke-Gleißner und eine junge Patientin, die vierzehnjährige Lena, bereit erklärt. Für sie habe ich sogenannte Einverständniserklärungen vorbereitet. In diesen Formularen werden die Verwendungszwecke des Aufnahmematerials abgestimmt. Hintergrund: Jeder Mensch hat ein „Recht am eigenen Bild“ und muss um Erlaubnis gefragt werden, wenn man Aufnahmen professionell verwenden will. In Lenas Fall müssen auch ihre Eltern mit ins Boot geholt werden. Ihre Mama wird beim Dreh selbstverständlich dabei sein. Alle stimmen zu, dass die Sendung im regionalen Fernsehen über TVA und OTV ausgestrahlt wird, dass die medbo die Sendung auch auf ihren YouTube-Kanal und ihre Homepage einstellen und über das Intranet – das medbonet – und ihre Social Media Kanäle streuen darf.
Das Drehteam von TVA kommt etwa eine halbe Stunde vor dem Aufnahmestart in die Klinik. Alle TVA-Mitarbeiter haben ihre Corona-Unterlagen dabei, die ich entgegennehme. Mit Dr. Kandsperger nehmen wir vor Ort geeignete Räume für das Interview und für die Einspieler unter die Lupe.
Das Experteninterview ist technisch etwas aufwändiger. Wir brauchen einen ruhigen Raum mit genug Platz für eine kleine Sitzgruppe. Neben Moderator Martin Lindner und Expertin Stephanie Kandsperger wird auch Prof. Dr. Michael Kabesch, Chefarzt der pädiatrischen Pneumologie und Allergologie der Regensburger KUNO-Kinderklinik St. Hedwig, mit von der Partie sein. Drei Stühle, ein kleiner Tisch, drei Gläser Wasser (ohne „Blubber“ - so können sich die Redner zwischendrin die Kehle befeuchten, ohne aufstoßen zu müssen. Ernsthaft!). Meist müssen wir vorab Möbel rücken und das „Set“ einrichten.
TVA rückt mit großer Ausrüstung an: Zwei Kamera- und Tonmänner bauen drei Kameras und etliche LED-Strahler auf. Das ist nötig, um das Expertengespräch laufend mit verschiedenen Perspektiven schneiden zu können. Zuschauer würden des Zuschauens müde, denn das menschliche Auge braucht Abwechslung, um das Gehirn auf „Obacht“ zu halten. Alle paar Sekunden wird in der fertigen Sendung deswegen ein Schnitt gemacht und die Einstellung geändert. Martin Lindner und die Experten werden mit Ansteckmikrophonen versehen und Tontests gemacht (Nicht mit der Frage „Sagen Sie doch mal was“, sondern meist mit „Was haben Sie heute zum Frühstück gegessen?“. In der Aufregung ist das eine gute Starthilfe).
Maske machen wir keine, das wäre zu aufwändig. Die meisten Menschen mögen das auch nicht. Trotzdem prüfe ich, ob bei den Protagonisten alles sitzt: Faltenwurf des Blazers, Schuppen auf der Schulter, verrutschte Krawattenknoten, Kugelschreiber in der Kitteltasche … Gegen eine schweißglänzende Stirn hilft auch mal ein Papiertaschentuch, gegen die Nervosität hilft Martin Lindners routinierter Smalltalk.
Sind Kameraeinstellung und die Tonqualität getestet, geht es los. Martin Lindner klatscht noch einmal laut in die Hände (als Ersatz für die „Klappe“), damit später die Tonspuren der Kameras aufeinander abgestimmt werden können. Dann spricht er seine Anmoderation, sozusagen die Einleitung … Es läuft.
Und ich? Ich schaue immer nochmal selbst auf die kleinen Kameramonitore, um sicherzugehen, dass die Experten und die Hintergründe gut rüberkommen. Das kommt nicht von ungefähr! Oft schlummern im Hintergrund „Fremdkörper“: leere Wasserflaschen, Mülleimer, WC-Schilder, Familienfotos, schiefe Bilder an der Wand … Alles schon passiert.
Dann sitze ich still in einer Ecke, stoppe die Zeit und gebe dem Moderator entsprechende Signale. Ich spitze dabei die Ohren: Passen die Antworten logisch? Sind sie verständlich? Müssen Fachbegriffe oder Fremdwörter aufgelöst werden? Gibt es Redundanzen? … Die Experten und der Moderator können selbstverständlich alles wiederholen, wenn sie möchten. Am Ende wird dieser Teil des Drehs etwa eine Stunde gedauert haben. Im fertigen Produkt wird es aber aussehen, als wäre das ganze Interview in einem „Take“ gedreht worden.
Beim Dreh der Einspieler ist Mobilität und Flexibilität gefragt. Deswegen wird meist mit nur einer Handkamera gedreht. Im Fall „Longcovid-Ambulanz“ haben wir uns für drei szenische Sets entschieden: Patientin Lena wird bei der Ankunft in der Regensburger Ambulanz gefilmt und dann im Wartezimmer, wo sie auch von ihrer Psychologin abgeholt wird. Dann gibt es eine Szene mit den beiden in einem Sprechzimmer. Lena lässt sich sogar interviewen! Sie macht das großartig. Außerdem hat sie instinktiv etwas grundrichtig gemacht: Sie trägt ein grasgrünes Hoodie – eine prominente Kleidungsfarbe ist im Fernsehen immer eine sehr gute Idee. Achten Sie mal auf TV-Nachrichtensprecher:innen …
Auch bei den Einspielern gilt wieder: Es müssen immer verschiedene Einstellungen gemacht werden. Beispiel: Ankunft Lena. Sie wird gefilmt, wie sie den Gang zur Ambulanz herunterkommt, wie sie sich im Wartezimmer auf ein Sofa setzt, wie sie beim Warten mit ihrem Handy spielt – von ganz nah, von weiter weg, von der Seite … Nach ein-zwei weiteren Stunden ist auch dieser Drehteil vorbei. Jetzt räumen wir gemeinsam die Sets noch auf. Das war’s.
Was das Briefing bei der Vorbereitung des Drehs ist, ist das Debriefing bei der Nachbereitung. Der Sender schickt mir die geschnittene Sendung vorab zu, damit ich nochmal prüfen kann. Passen die „Bauchbinden“ (das sind die eingeblendeten Felder, wo zum Beispiel draufsteht, wen oder was man da gerade sieht)? Soll doch noch etwas umgestellt werden? Bin ich mit der Bild- und Tonqualität zufrieden? Sind die Ansagen aus dem „Off“ – aus dem Hintergrund durch einen nicht-sichtbaren „Ghost“ – in Ordnung?
Ich kläre mit den beiden Sendern den finalen Sendetermin. Dann gibt es für die medboianer eine Vorab-Information im Intranet. Auch das Social Media-Team bekommt Bescheid und kann die Sendung in seinem Redaktionsplan einphasen. Und dann der finale Akt: Ich stelle die Sendung auf YouTube und in unserer Mediathek auf der medbo Homepage ein.
Wer sich mal einen Überblick verschaffen möchte, was in einer Dekade und in 50 Folgen so alles medizinisch thematisiert wurde, kann sich die Kopfsache-Playlist auf unserem medbo YouTube-Kanal an- und durchschauen.
Und die Sendung, die ich begleitet habe, finden Sie hier.