Das Asperger-Syndrom ist wie die übrigen Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) eine Erkrankung auf Lebenszeit, deren Ursache nicht direkt behandelbar ist. Daher können autistische Störungen, die oftmals großes Leid, Belastung und Einschränkungen für die Betroffenen darstellen, nicht geheilt werden.
Studien zeigen jedoch, dass autistische Symptome und Beschwerden durch spezifische Psychotherapien deutlich reduziert werden können. In bisherigen Studien überzeugten vor allem gruppentherapeutische Ansätze.
Autistische Störungen sind mittlerweile fester Bestandteil der Medienwelt. In Dokumentationen und Reportagen liegt der Fokus dabei oftmals auf den Sonderinteressen und Inselbegabungen, die jedoch nur bei einem geringen Pool der Patient:innen auftreten, oder auf Betroffene des frühkindlichen Autismus, die sprachlich massiv eingeschränkt sowie meist schwer behindert sind und in ihrer eigenen Welt leben.
Das Asperger-Syndrom
Das typische Erscheinungsbild des Asperger-Syndroms ist hingegen weniger bekannt. Betroffene weisen oft eine unübliche Sprachmelodie, Artikulation und Ausdrucksweise auf. Zudem haben sie Schwierigkeiten, Gespräche zu initiieren und aufrechtzuerhalten, Mimik und Gestik adäquat zu verwenden und zu interpretieren und Blickkontakt aufzunehmen und zu halten.
Neben diesen Störungen der sozialen Interaktion und des Kontaktverhaltens können auch motorische Defizite auftreten, wodurch die Betroffenen ungeschickt wirken und auf externe Hilfe angewiesen sein können.
Auf Außenstehende wirken die Betroffenen manchmal unhöflich, merkwürdig oder sonderbar, weshalb sie oftmals nicht nur nicht verstanden, sondern auch ausgegrenzt und gemieden werden. Das kann einerseits großes persönliches Leid verursachen, andererseits die Unfähigkeit, sich beruflich und privat ein eigenständiges Leben aufzubauen. Daher ist es dringend notwendig, diese Menschen therapeutisch zu unterstützen, damit sie ein erfülltes Leben mit möglichst großer Selbstständigkeit führen können.
Die aktuelle Forschungslage
Trotz der großen Belastung der Betroffenen zeigt sich ein bedeutender Mangel an Literatur und Forschung zu den Autismus-Spektrum-Störungen allgemein, vor allem aber auch hinsichtlich spezifischer Behandlungsansätze. Im deutschsprachigen Raum gibt es kaum manualisierte Gruppentherapien, deren Wirkung sich international jedoch als äußerst vielversprechend erwiesen.
Auch in der randomisierten Kontrollstudie von Gantman und Kollegen konnte gezeigt werden, dass junge autistische Erwachsene, die ein gruppenbasiertes soziales Kompetenztraining durchliefen, signifikante Verbesserungen bezüglich des subjektiven Gefühls der Einsamkeit, sozialen Empfänglichkeit, Empathie und Häufigkeit sozialer Treffen zeigten.
Betreuendes Personal berichtete zudem von einer Verbesserung der sozialen Kooperationsfähigkeit, der Selbstkontrolle und des sozialen Durchsetzungsvermögens, was vermutlich in einem insgesamt verbesserten Sozialverhalten und damit in einer sozialen Akzeptanz resultieren könnte. Die erzielten Verbesserungen spiegelten sich auch in den Ergebnissen verschiedener Fragebögen, die wiederholt durchgeführt wurden, um die autistische Symptomatik zu messen.
Autistische Gruppentherapie
Der Fokus des besagten Gruppentrainings lag dabei auf den Fähigkeiten der rezeptiven und expressiven sozialen Kommunikation. Die Betroffenen sollten durch die Teilnahme an 14 Gruppensitzungen à 90 Minuten ihre sozialen Fertigkeiten durch Anleitung, aber vor allem auch durch Übungen soweit verbessern, dass enge Beziehungen zu Mitmenschen aufgebaut werden können.
Im Rahmen des Gruppentrainings wurden unter anderem folgende Themen bearbeitet:
Verbesserung der Versorgungslage notwendig
Nicht nur die Forschungslage zum Autismus weist große Lücken auf, auch die Versorgung muss dringend verbessert werden. Bevor Betroffene einen Termin zur Testdiagnostik bekommen, vergehen aufgrund des geringen Angebots oft Wochen bis Monate.
Auch wenn die Vergabe einer Diagnose eine erste Erleichterung bieten kann, belegen verschiedenste Studien, dass psychotherapeutische Behandlungen die Lebensqualität von Autist:innen deutlich verbessern können. Doch auch therapeutisches Fachpersonal, das sich auf Autismus spezialisiert hat, ist äußerst rar. Ein breiter Aufbau gruppentherapeutischer Angebote für autistische Menschen könnte die Versorgungslage daher deutlich aufwerten.
Melissa Langer ist Psychologin in der Psychiatrischen Institutsambulanz des Zentrums für Psychiatrie Cham und insbesondere der dortigen Männersprechstunde. Sie ist nicht zuletzt auf Autismus-Spektrum-Störungen spezialisiert.