22.11.2021. Josef Rödl lebt heute zwar in München – „als gebürtiger Parsberger habe ich zu meiner Heimat aber nach wie vor eine besonders tiefe Bindung“, sagt der 71-Jährige. Der Regisseur und Drehbuchautor hat in seiner bisher über 40-jährigen Schaffenszeit zahlreiche Filmprojekte mit Themenbezug zu psychischen Erkrankungen einerseits und zur Oberpfalz andererseits umgesetzt. Im November 2021 gehen mehrere Film- und Tonaufnahmen, Fotoserien sowie Presseberichte und weitere Dokumente aus seiner privaten Sammlung an das medbo Psychiatriemuseum am Bezirksklinikum Regensburg. Bezirkstagspräsident Franz Löffler bedankt sich für die Spende – er sieht darin einen großen lokal-historischen Wert: „Die Werke zeigen nicht nur das Leben in der Oberpfalz in einer völlig anderen Zeit. Sie stellen auch den damaligen Umgang mit psychiatrischen Themen in einer besonderen Perspektive dar. Das berührt mich sehr.“ Bezirksrat und Kulturreferent Richard Gaßner schließt sich an: „Diese Stücke sind ein wertvoller Beitrag, um unsere gemeinsame Erinnerungskultur weiter zu stärken. Umso mehr freut es mich zu wissen, dass sie auch für die Zukunft bewahrt werden und bei der medbo einen würdigen Platz finden.“
Exponate mit einer starken Botschaft
Unter anderem finden sich nun in Museum und Archiv der medbo Exponate zu einem der bekanntesten Werke von Josef Rödl, dem Film „Albert – warum?“ aus dem Jahr 1979. Dieses Erstlingswerk hat nach seiner Veröffentlichung nicht nur in Regensburg große Wellen geschlagen. Es wurde mehrfach ausgezeichnet – unter anderem 1979 mit dem Deutschen Filmpreis: Mit „Albert – warum?“ erzählt Rödl vom Leben eines geistig behinderten jungen Mannes, der nach einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik in sein Heimatdorf in der Oberpfalz zurückkehrt. Der Protagonist wird verspottet, selbst die eigene Familie degradiert ihn vom eigentlichen Hoferben zum unerwünschten Außenseiter. Sein Leidensweg findet schließlich mit Alberts Suizid ein trauriges Ende. Die Veröffentlichung dieses Films liegt bereits über 40 Jahre zurück. Die Botschaft ist jedoch nach wie vor aktuell: Werden Erkrankungen stigmatisiert, können die sozialen Folgen für betroffene Menschen verheerend sein. Darüber gilt es aufzuklären, findet auch Rödl: „Damals wie heute möchte ich mit meinen Werken die Themen aufgreifen, die meiner Meinung nach in der Gesellschaft angesprochen werden sollten.“
Mehr Solidarität mit psychisch kranken Menschen
Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen: „Psychische Erkrankungen sind heute Volkskrankheiten. Entsprechend ist das gesellschaftliche Bewusstsein für sie in den letzten Jahren stark gewachsen“, sagt medbo Vorstand Dr. Dr. Helmut Hausner, „das ist gut; aber es gibt noch viel ‚Luft nach oben‘ in Sachen Verständnis und Solidarität mit betroffenen Menschen.“ Psychische Erkrankungen sind Erkrankungen wie alle anderen auch, psychiatrische Kliniken sind Krankenhäuser wie alle anderen auch. Patienten sollten sich heute eigentlich ohne Bedenken und ohne Zögern die Hilfe holen, die sie brauchen. „Aus Angst und Scham wird das oft zum Kraftakt und die Menschen kommen häufig eher zu spät zu uns. Das vergrößert das Leiden unnötig“, so Hausner weiter.
Sowohl der Bezirk Oberpfalz als auch die medbo selbst setzen sich daher stark für die Entstigmatisierung ein. „Psychisch Erkrankte oder Menschen mit Behinderung brauchen die besten Rahmenbedingungen, um sich in Gesellschaft und Wirtschaft erfolgreich reintegrieren zu können. Daher ist es uns ein zentrales Anliegen, Ängste und Vorurteile auf breiter, gesellschaftlicher Ebene abzubauen: Sowohl in Bezug auf die psychiatrischen Diagnosen, aber auch – und das ist sehr wichtig – bezüglich der Psychiatrie als Ort und Institution“, betont Franz Löffler.
Museum macht Psychiatrie greifbar
Das medbo Psychiatriemuseum am Bezirksklinikum Regensburg ist hier ein wichtiger Baustein. Denn dort wird nicht nur die Bauentwicklung seit Ende des zehnten Jahrhunderts vom ehemaligen Benediktiner- und Kartäuserkloster zum heutigen Bezirksklinikum gezeigt. Besucher bekommen einen Überblick über die Geschichte der Behandlungsmöglichkeiten und therapeutischen Ansätze. Das Museum beherbergt unter anderem die Sammlung Vierzigmann mit Bildern, die in den 1920er und 1930er Jahren von Patienten angefertigt wurden – und seit kurzem nun auch ausgewählte Filmstücke aus der Oberpfalz. „Wir haben unsere Archiv-Kapazitäten erst vor kurzem erweitert, um genauso solche Stücke zu bewahren und für unsere Mitarbeiter, Patienten und natürlich auch der breiten Öffentlichkeit erlebbar zu machen“, so medbo Vorstand Hausner. Die Museen des Bezirksklinikums Regensburg – neben dem Psychiatriemuseum auch das Klostermuseum Karthaus-Prüll – sind von Mai bis Oktober jeweils samstags und sonntags von 10:30 bis 17:00 Uhr geöffnet – vorbehaltlich der aktuellen Pandemielage.