Laut Deutscher Depressionshilfe erkranken jedes Jahr über acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung an einer behandlungsbedürftigen Depression. Nicht allen Betroffenen helfen Medikamente und Psychotherapie. Wissenschaftler der Universität Regensburg am medbo Bezirksklinikum beschäftigen sich mit neuen, spannenden Therapiemethoden. Und ein Roboter ist auch mit von der Partie …
Was wünschen sich Patienten von Therapien? „Natürlich, dass sie wirken. Am besten ohne jegliche Nebenwirkungen. Die Therapie selbst soll nicht weh tun und in der Durchführung gut zum eigenen Leben und in den Alltag passen. Und schnell soll es auch gehen mit der positiven Wirkung“, antwortet Dr. Martin Schecklmann, Leiter des Zentrums für Neuromodulation der medbo Regensburg. Das Neuromodulations-Team gehört zur Klinik und Poliklinik für Psychiatrie & Psychotherapie der Universität Regensburg am medbo Bezirksklinikum und forscht im Rahmen des entsprechenden Lehrstuhls.
Eine hier in fast allen Punkten des Patienten-„Wunschzettels“ vielversprechende Therapie, die im medbo Bezirksklinikum schon viele Jahre eingesetzt und von Dr. Schecklmann wissenschaftlich begleitet wird, ist die Transkranielle Magnetfeldstimulation TMS: Eine veritable Apparatemedizin in der ansonsten eher „sprechenden“ Psychiatrie & Psychotherapie. Das Zentrum forscht seit vielen Jahren an der Verbesserung dieser Methode. Bei der Depression ist sie nachgewiesen effektiv, aber auch hier profitiert nicht jede:r Betroffene. Die Schauspielerin Eva Habermann hat zuletzt im Podcast von NDR Info mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe davon sehr positiv berichtet.
Magnetfelder gegen Depressionen
Mit TMS wird das menschliche Gehirn von außen – also ohne den Schädel eröffnen zu müssen – durch gepulste magnetische Felder stimuliert. Dazu wird eine Spule, in der diese Felder erzeugt werden, über der Stelle des Kopfes platziert, unterhalb der der zu stimulierende Bereich des Gehirns liegt. Der Patient sitzt dazu auf einem bequemen Stuhl und muss nichts weiter dazutun. Die Magnetfelder beeinflussen die elektrische Datenübertragung der Nervenzellen im Gehirn. Dr. Schecklmann: „So wird zum Beispiel so etwas wie der Bau von neuen Verbindungen angeregt. Oder die Qualität der Signale zwischen den Nervenzellen wird beeinflusst, die bei der spezifischen Erkrankung verändert ist – um es stark vereinfacht auszudrücken.“
Vergleichsstudien haben schon Hinweise geliefert, dass die TMS bei Menschen mit Depressionen ähnlich effektiv ist wie die Gabe von Medikamenten. Aber sie hat bei weitem weniger Nebenwirkungen, weil nur ein Teil des Gehirns stimuliert wird und nicht - wie bei einem Medikament - der Weg über den Körper genommen werden muss. Mehr als einem Drittel der Betroffenen, die mit TMS bislang behandelt wurden, geht es danach deutlich besser oder die depressive Phase ist sogar komplett überstanden.
Der einzige Wermutstropfen dieser vielversprechenden Methode ist, dass die Patient:innen über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich zu einer weniger als halbstündigen Behandlung in die Klinik kommen müssen. Die gute Nachricht: Die medbo Forscher arbeiten sowohl an einem „Turbo“-Verfahren als auch im Projekt „G’sund dahoam“ an einer Anwendung für den Hausgebrauch.
Im Forschungsbereich des Zentrums für Neuromodulation am Bezirksklinikum Regensburg wird seit einiger Zeit ein hochmoderner Roboter-Arm erprobt. Etwa eine Handvoll Forschungslabore in Deutschland verfügen derzeit über eine solche Technologie.
Dieser künstliche Kollege übernimmt die Stimulation während der Sitzung – ohne zu schwächeln, zu wackeln oder zu zittern. Die Person muss während der Sitzung also den Kopf nicht absolut stillhalten. Der Roboter-Arm ist in der Lage, kleineren Bewegungen des Kopfes millimetergenau zu folgen.
Die menschlichen Kolleg:innen vermessen lediglich initial den Schädel des Patienten, speichern dieses als digitales Profil ab und rufen es bei jeder TMS-Sitzung wieder auf. Kollege Roboter kann dann nicht nur die Sitzungen selbst, sondern auch selbstständig verschiedene Test-Profile durchführen und entsprechend etwa die Pulsfrequenz und Stärke des Magnetfelds anpassen. Die aktuellen Bemühungen gehen soweit, dass parallel zur Stimulation die Hirnströme gemessen werden. Dabei geben die Hirnströme den Takt der Stimulation vor, das Gehirn stimuliert sich gewissermaßen selbst.
Langfristiges Ziel ist es, mit dieser Technologie praktisch für jede:n Patient:in ein eigenes, optimales TMS-Schema zu finden und abrufbar zu machen.
Arbeiten am „Wunschzettel“: Freiwillige für die Wissenschaft
Was die Regensburger Forscher am Bezirksklinikum derzeit stark interessiert, sind folgende Fragen:
Für diese Fragestellungen braucht das Bezirksklinikum Betroffene mit diagnostizierter Depression, die sich im Rahmen der laufenden Studien mit Transkranieller Gehirnstimulation behandeln lassen möchten. Eine echte Chance, von einer vielversprechenden Therapieform zu profitieren!
Interessent:innen, die sich als Probanden zur Verfügung stellen möchten, wenden sich an:
medbo Bezirksklinikum Regensburg
Zentrum für Neuromodulation an der Psychiatrischen Institutsambulanz
Universitätsstraße 84 | 93053 Regensburg
Fon +49 (0)941/941-1256 | tms-psy-r[at]medbo.de
Mehr Information zu den Studien gibt es unter medbo.de/tms-studie.