An der medbo Regensburg gab es am Donnerstagabend, den 19. Mai 2022, zwei Premieren: Die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) des Bezirksklinikums eröffnete ihre Galerie PIArt für Werke von Künstler:innen mit seelischer Krisenerfahrung. Und die Regensburger Harriet Burden, Johannes Frank und Thomas Plecher stellen dort erstmals gemeinsam als Gruppe „Der Blaue Stier“ aus.
Die ausgestellten Werke spiegeln manchmal einschneidende, oft beglückende, immer aber wichtige Impulse und Erlebnisse in den Leben der drei Künstler:innen Harriet Burden, Johannes Frank und Thomas Plecher. Viele der Artefakte sind auch in der Zeit der Corona-Pandemie entstanden, stehen damit stark unter dem Eindruck von Isolation und Rückzug. Die Ausstellung erzählt deswegen auch vom Glück der drei Künstler, sich als Gruppe begegnet zu sein.
Kleine Vernissage für die virtuelle Galerie
Corona war auch in Sachen Vernissage, die am Donnerstagabend stattfand, ein limitierender Faktor. Nur etwa zwei Dutzend Gäste durften zur Eröffnung der PIArt-Galerie in die PIA kommen. „Die Corona-Realität im Krankenhaus ist immer noch eine andere als in der Öffentlichkeit: Die Räume der PIA stehen natürlich den Patient:innen der medbo zur Verfügung, aber momentan noch nicht der Öffentlichkeit. Wir hoffen, dass sich das bald ändert“, so PIArt-Mitgründer Prof. Dr. Berthold Langguth, Chefarzt der PIA. Deswegen findet die Ausstellung gleichzeitig im Netz statt. Unter medbo.de/piart findet sich ein Teil der ausgestellten Werke und Informationen zu den Künstlern und zur Ausstellung an sich.
Kunst auf Augenhöhe
Ideengeber rund um PIArt ist der Regensburger Verein Irren ist menschlich e.V., der bei der Vernissage durch Jutta Sonnleitner vertreten wurde: „Wir waren uns mit der PIA und dem Bezirk Oberpfalz schnell einig, dass wir ein Forum für Künstlerinnen und Künstler mit seelischer Krisenerfahrung schaffen wollten. Wir freuen uns riesig, dass es jetzt soweit ist“. Die Corona-Pandemie hatte das Projekt über zwei Jahre ausgebremst.
„Trotzdem wünschen wir uns, dass die Werke der ausgestellten Künstler Aufmerksamkeit und Beachtung finden – sie sind außergewöhnlich, berühren, haben kreativen und handwerklichen Anspruch“ ergänzt Ursula Wohlfeld, die im Kreis der PIArt-Organisatoren den Bereich Kultur des Bezirks Oberpfalz vertritt.
Der Blaue Stier
Die Regensburger Künstler:innen Harriet Burden, Johannes Frank und Thomas Plecher bilden die Gruppe "Der Blaue Stier". Der Name ist inspiriert von einem der Werke Thomas Plechers, das auch Teil dieser Ausstellung ist: "Think blue". Das Gemälde zeigt besagten Stier mit einem schwarzen Raben (dem weisen Einflüsterer und manchmal einem Mephistopheles gleich - klug, listig und manipulativ) auf einem Horn, umgeben von den drei Primärfarben, dem farblichen Fundament der Malerei: Rot, Gelb, Blau. Der "blaue Stier" wurde Anfang 2020 geboren. Und dann kam Corona. Die Gruppe erfindet in dieser Zeit nicht zuletzt „Bildbriefe“, um sich künstlerisch zu begegnen und nacheinander gemeinsame Bilder zu gestalten. Zwei dieser Bildbriefe und andere gemeinsame Arbeiten sind nun endlich auch in der PIArt zu sehen.
Johannes Frank
Der Künstler zeichnet seit seiner Kindheit, die Malerei ist ihm im Auf und Ab der Zeit Lebenselixier geworden. Mit der Gründung der Gruppe wurde er sehr produktiv und begann verschiedene Serien von Acrylgemälden. In der Serie "Meine Kunstgeschichte", die zum Teil in der PIArt zu sehen ist, widmet er sich Bildern aus der Kunstgeschichte, die ihn faszinieren, und interpretiert sie auf seine Weise neu. Frank konnte einige seiner Werke schon zum Beispiel im Kunst- und Gewerbeverein in Regensburg zeigen.
Harriet Burden
Die Künstlerin arbeitet unter dem Pseudonym „Harriet Burden“, das dem Buch „Die gleißende Welt“ von Siri Hustvedt entstammt. „Burden“ steht für „Bürde“. Die handwerklichen Kenntnisse, die die Malerei erfordert, konnte sich die Künstlerin im Laufe der Zeit über Seminare als Gaststudentin an der Universität Regensburg und an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee aneignen. Eines ihrer Gemälde hing längere Zeit im Regensburger Rathaus. Auch bei der diesjährigen Ostbayerischen Kunstausstellung in Regensburg ist sie vertreten. 2021 entstand ein großformatiges Wandgemälde mit dem Titel „Rapport“ in einem neu errichteten Forschungszentrum nahe Budapest.
Thomas Plecher
Plechers künstlerische Wurzeln liegen in der Druckerei. In den 1980er Jahren erlernte er in Schwandorf das Druckerhandwerk. Seine erste Ausstellung mit Monotypie-Druckbildern fand noch während der Ausbildung im März 1986 in Roding statt. Wichtige Begegnungen in den kommenden Jahren lösten bei ihm dann den Wunsch aus, von der Einfarbigkeit in die Mehrfarbigkeit zu wechseln. Seither ist Thomas Plecher in beiden Welten zuhause: in der Malerei, aber immer noch ein wenig auch in der Druckerkunst.