Die Angst loswerden

Tagesklinische Gruppentherapie bei Patient:innen mit Angststörungen

Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Laut Deutschem Ärzteblatt (2017) sind in Deutschland jedes Jahr 9,8 Millionen Menschen betroffen. In der Psychiatrischen Tagesklinik am Bezirksklinikum Regensburg setzt man bei der Behandlung auf die Angstbewältigungsgruppe.

Da Angststörungen häufig früh beginnen, einen anhaltenden Verlauf haben und nicht selten unzureichend behandelt werden, ist die sogenannte Behinderungslast durch Angsterkrankungen besonders hoch: Nicht nur die Lebensqualität dieser Menschen ist erheblich eingeschränkt; meist besteht ein Teufelskreis aus Ängsten und Vermeidungsverhalten auf der einen, und Einschränkungen im sozialen, beruflichen und familiären Leben auf der anderen Seite. Komorbiditäten wie Depressionen und Abhängigkeitserkrankungen sind nicht selten.

Zu den häufigsten Angststörungen gehören die Agoraphobie, die Soziale Phobie, Spezifische Phobien, die Panikstörung und die Generalisierte Angststörung.

Gruppe als Wirkfaktor

Die Patient:innen nehmen als eine von Anfang an geschlossene Gruppe an einem festen Wochenprogramm mit multiprofessionellen therapeutischen Angeboten teil.

Eine zentrale Stelle im Behandlungskonzept nimmt das zweimal wöchentlich stattfindende spezifische Angstbewältigungsprogramm ein. Das hierfür entwickelte Behandlungsmanual, das den Betroffenen interaktiv und anschaulich Information sowie Anleitung für praktische Übungen vermittelt, orientiert sich an den aktuellen wissenschaftlichen Methoden und Standards.

Standards der Angstforschung

Die Patient:innen profitieren bei der tagesklinischen Behandlung ihrer Angsterkrankungen in hohem Maße von den Wirkfaktoren des Gruppensettings. Die Gruppe bietet den Teilnehmer:innen die Möglichkeit zu erfahren, dass sie mit ihrer oft schambesetzten Problematik nicht alleine sind. Das empfinden die meisten bereits als enorme Entlastung.

Aber auch das Lernen am Modell eröffnet den durch ihre Erkrankung oft sozial isolierten und in ihrem Bewegungsradius eingeschränkten Betroffenen die Erfahrungen von mitmenschlicher Akzeptanz und gegenseitiger Unterstützung: Das gibt Hoffnung. Besonders die Rückmeldungen durch die gleichbetroffenen Gruppenmitglieder helfen, das eigene Selbstbild zu korrigieren und Motivation zu Veränderung und mehr Selbstvertrauen zu finden.

Psychoeduktion, Exposition und Kompetenztraining

Nach einer allgemeinen Wissensvermittlung und Aufklärung zum Thema Angst erlernen die Patient:innen hilfreiche Bewältigungsstrategien, die von Wahrnehmungslenkung, Umgang mit Stress, angewandter Entspannung bis hin zu kognitiven Techniken zur Überwindung von Denkverzerrungen reichen. Wichtigstes Element der Behandlung sind die individuell erarbeiteten, an die Entwicklungsstufe der jeweiligen Angsterkrankung angepassten Expositionen. Indem sich die Patient:innen (unter professioneller Begleitung) schrittweise ihren jeweiligen angstauslösenden Situationen aussetzen und die Erfahrung machen, dass die befürchteten Folgen nicht eintreten, wird Vermeidungsverhalten abgebaut und Bewegungsfreiheit zurückgewonnen.

Weitere Therapieangebote

Die weiteren Therapieangebote ergänzen und vertiefen die Erfahrungen und das Wissen, das durch die Bearbeitung des Angstbewältigungsmanuals gewonnen wird. Im Rahmen des sozialen und emotionalen Kompetenztrainings werden interpersonelle Fähigkeiten gefördert, Ressourcen aktiviert sowie die körperliche Wahrnehmung und der Umgang mit Gefühlen verbessert.

Die Durchführung gemeinsamer Freizeitaktivitäten fördert Aktivität und wirkt sozialem Rückzug entgegen.

Einzelgespräche und Bezugspflege

Durch die regelmäßigen Einzelgespräche mit den behandelnden Psycholog:innen/Ärzt:innen und der Bezugspflege können bei jeder Patient:in individuelle Probleme und Zielsetzungen berücksichtigt und konkrete Veränderungen angeregt werden.

Die tägliche gemeinsame Morgenrunde zur Selbstreflexion, das lebenspraktische Training, kreativ-gestalterische Elemente, das Sportangebot am Bezirksklinikum, das Einüben von Entspannungsverfahren sowie die Beratung durch den Sozialdienst vervollständigen das Therapieangebot der Angstbewältigungsgruppe.

Somatische Behandlung

Bei der Aufnahme erfolgt eine körperliche ärztliche Untersuchung inklusive Blutabnahme und EKG-Ableitung. Bei Bedarf stehen weitere – etwa neuroradiologische – diagnostische Möglichkeiten am Bezirksklinikum Regensburg zur Verfügung.

In den wöchentlichen ärztlichen Sprechstunden wird eine mögliche medikamentöse Behandlung ausführlich besprochen und angeboten. Entsprechend den aktuellen Leitlinien der Behandlung von Angststörungen werden am häufigsten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder auch pflanzliche Pharmaka wie Lavendelöl eingesetzt.

Darüber hinaus erfolgt auch die Beurteilung und Behandlung von psychischen und körperlichen Begleiterkrankungen.

Das Vermeiden vermeiden lernen

Das vordringlichste Ziel der Angstbewältigungsgruppe ist, die Betroffenen zu ermutigen, zukünftig das „Vermeiden zu vermeiden“, das heißt der Angst die Macht über ihr Leben zu nehmen. Im Idealfall steht nicht ein Leben ohne Angst, sondern, nach Reduktion oder Löschung dysfunktionaler Verhaltensweisen und Kognitionen, die Gewissheit der Betroffenen, dass sie ihre Angst aushalten und so die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnen können.

Wichtige Schritte auf dem Weg zu diesem Ziel sind eine affektive Stabilisierung, das Erlernen von Angstbewältigungsstrategien und präventiver Maßnahmen wie die Verbesserung des Selbstwertgefühles und die Steigerung der Belastbarkeit zur Förderung der sozialen und beruflichen Teilhabe. Deshalb arbeitet die Tagesklinik auch eng mit Institutionen wie den Sozialpsychiatrischen Diensten, Retex, Café Insel, Lernwerkstatt, Projekt AnnA und der Psychiatrischen Institutsambulanz am Bezirksklinikum zusammen.

Im Nachgang

Es wird auch darauf geachtet, dass eine ambulante psychiatrische Weiterbehandlung gewährleistet ist und wenn nötig eine ambulante Psychotherapie eingeleitet wird. Nach Bedarf werden die Patient:innen auch bei der Planung der poststationären Tagesstruktur und bei der selbstständigen Alltagsbewältigung unterstützt.

Bis zu einer möglichen Wiedereingliederung in den Beruf ist beispielsweise eine überbrückende ambulante Weiterbehandlung im Rahmen einer Arbeits- oder Sporttherapie am Bezirksklinikum Regensburg möglich.

Bildnachweis: Flur mit Artefakt "Leopard" in der Psychiatrischen Tagesklinik am medbo Bezirksklinikum Regensburg (Frank Hübler)

Die Psychiatrische Tagesklinik am medbo Bezirksklinikum Regensburg

In der Tagesklinik werden erwachsene Patient:innen in vier verschiedenen diagnosespezifischen Gruppen mit etwa zwölf Teilnehmer:innen behandelt:

  • Posttraumatische
  • Belastungsstörungen
  • Persönlichkeitsentwicklungsstörungen
  • Angststörungen
  • Depressionen

Die tagesklinische (teilstationäre) Behandlung findet werktags, Montag bis Freitag, jeweils zwischen 09:00 Uhr und circa 16:00 Uhr statt.

Kontakt:

Psychiatrische Tagesklinik am medbo Bezirksklinikum Regensburg
Universitätsstraße 84  |  93053 Regensburg

Fon +49 (0) 941/941-2970 oder -8747
Fax +49 (0) 941/941-2985

station26-psy-r@medbo.de